Soumaija wartet

Unsere Stute Soumaija, die wir aus schlechter Haltung übernommen hatten, litt seit einiger Zeit unter einer hartnäckigen, sehr schmerzhaften Blasenentzündung, die trotz vielfältiger Behandlungsmaßnahmen einschließlich Klinikaufenthalt nicht wirklich heilen wollte.
Und so kam der Tag, an dem unser Tierarzt mir die entscheidende Frage stellte:
„Sollen wir sie nicht von ihrem Leiden erlösen?“
Soumaija litt wirklich schlimme Schmerzen, aber ich wollte mich nicht damit abfinden, sie gehen zu lassen. Alle Versuche mit der Schulmedizin waren gescheitert. Also musste ich etwas anderes versuchen.
Von einer befreundeten Pferdefrau erhielt ich die Telefonnummer einer Tierhomöopathin, mit der sie schon viele positive Erfahrungen gemacht hatte. Wegen des leidenden Pferdes blieb keine Zeit für eine Terminabsprache, stattdessen schilderte ich das Krankheitsbild sowie das Pferd detailliert und bekam zwei Mittel zur Auswahl genannt. Schon am Tag nach der ersten Behandlung hatte die Stute viel weniger Blut im Urin und krampfte nicht mehr so schlimm. Es schien wie ein Wunder: Dem Pferd ging es jeden Tag besser! Abends unmittelbar vor der Heufütterung bekam sie nun über Monate täglich ihre Tröpfchen ins Maul gespritzt, was sie sich nach einer kurzen Gewöhnungszeit problemlos gefallen ließ.
Der Heilungsprozess war nach ein paar Monaten abgeschlossen und so reduzierte ich die Tropfen immer mehr und entschloss mich eines Abends, sie ganz wegzulassen. Ich hatte, wie gewohnt, Heu an die Pferde verteilt und schaute beim Verlassen des Stalles noch einmal zurück. Was war das? Soumaija fraß ihr Heu nicht, streckte stattdessen ihren Kopf über die Boxentür und schaute mich geradezu vorwurfsvoll an:
Die Tropfen fehlten!
War es das Ritual, der Geschmack der Flüssigkeit oder einfach nur die allabendliche Zuwendung, die nur ihr alleine galt und die sie nun vermisste?
Damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet!

Auf den Magen geschlagen!

Die Stute Soumaija tat in unserem Stall Dienst als Schulpferd für die Reitschüler.
Ich achtete immer sehr darauf, dass ein Pferd nie unmittelbar hintereinander von zwei unterschiedlichen Reiter geritten wurde. Ich richtete es immer so ein, dass das Pferd einmal am Tag ging oder dass einige Stunden zwischen zwei Ritten lagen. Das war mir immer sehr wichtig, weil Pferde Persönlichkeiten sind, denen man Achtung entgegenbringen sollte, und keine Sportgeräte, die man an jemand anderen weitergibt.
Im Winter 1990 hatte der Sturm Wibke das Dach unserer kleinen Reithalle schlimm beschädigt, sodass wir draußen reiten mussten.
Nach einer langen Regenperiode - also einer langen Reitpause - riefen mich, als endlich wieder trockenes Wetter herrschte, mehrere Reiterschüler an und wollten unbedingt am Abend reiten kommen. Vier unserer Pferde wurden zu dieser Zeit im Reitunterricht eingesetzt, aber nun kamen fünf Leute am Abend reiten. Also musste ein Pferd ausnahmsweise zweimal gehen. Die Wahl fiel auf Soumaija, weil zwei der Reiter mit ihr besonders gut zurecht kamen. So kam es, dass die eine Reiterin abstieg und die Stute dem anderen Reiter übergab. Nach Beendigung der Reitstunde wurde Soumaija wie immer versorgt und in den Stall gebracht. Als ich zehn Minuten später die Pferde fütterte, lag Soumaija reglos flach in ihrer Box. Sie hatte eine so schwere Kolik, dass sie eine Nacht in der Pferdeklinik intensiv beobachtet werden musste. Es konnte keine Ursache festgestellt werden, wie so oft bei Koliken. Am nächsten Tag ging es ihr wieder besser und wir holten sie nach Hause.
Für mich lag der Grund für ihre Bauchschmerzen auf der Hand…

Sicher, viele Pferde gehen im Schulbetrieb, einer nach dem anderen klettert auf sie drauf, jeder reitet anders, fühlt sich anders an, der eine zerrt mehr an den Zügeln als der andere und so weiter und diese Pferde haben nicht alle ständig Koliken, aber wie sie sich fühlen, kann man nur erahnen. Genauso wie auch nicht alle Menschen mit Bauchschmerzen reagieren, wenn ihnen seelischer Kummer widerfährt, aber vielen geht es so.